Statintherapie: Statine sind besser als ihr Ruf
Die Statine, auch Fettsenker genannt, sind so umstritten wie kaum ein Medikament auf dem Pharmamarkt. Es kursieren viele Halbwahrheiten in Medien und dem Internet, die vor allem die betroffenen Patienten verunsichern. Nun hat sich die Eurpopäische Ateriosklerose-Gesellschaft (EAS) in einem aktuellen Konsensuspapier zur Statintherapie geäußert.
Nach sorgfältiger Prüfung der Datenlage in verschiedenen Studien der letzten 17 Jahre wurde untersucht, wie häufig Nebenwirkungen unter eine Statindauertherapie auftreten.
Dabei ist die EAS zu dem Schluss gekommen, dass Statine deutlich besser sind als ihr schlechter Ruf.
So kommen die Muskelschmerzen, als die vermutlich bekannteste Nebenwirkung von Statinen, in verblindeten* Studien nur mit einer Häufigkeit von 0,1 – 0,2 % vor. In Studien in denen die Teilnehmer zu Studienbeginn von einer Statintherapie wussten, klagten jedoch 7 – 29% über Muskelschmerzen. Die Wissenschaftler vermuten daher einen Nocebo- Effekt: Das Wissen über diese Nebenwirkung und ihre mediale Präsenz lösen bei den Patienten eine negative Erwartungshaltung aus, was zu den überdurchschnittlich häufigen Meldungen von Muskelschmerzen führte.
Auch die Angst vor einem steigenden Diabetes-Risiko ging die Expertenrunde genauer auf den Grund. Zwar steigt der Nüchternblutzucker unter Statinen leicht an, jedoch entwickelt nur einer von 1.000 Patienten jährlich einen Diabetes. Die Experten betonten vor allem, dass unter der Statintherapie fünf kardiovaskuläre Vorfälle jährlich pro 1.000 Patienten verhindert werden. Dieser Nutzen überwiege den potenziellen Anstieg des Nüchternblutzuckers, so die Experten.
Die Sorge über kognitive Beeinträchtigungen unter einer Statintherapie räumte die EAS ebenfalls aus. Über 25 Studien mit insgesamt 46.000 Teilnehmern lieferten für diese Bedenken keinerlei Anhaltspunkte.
Eine weitere unerwünschte Nebenwirkung ist ein milder Anstieg der Leberwerte. Dieser wurde jedoch als harmlos bewertet und tritt in 0,5 – 2% der Fälle bei Therapiebeginn auf, wobei sich die Werte für gewöhnlich nach kurzer Zeit normalisieren. Auch für Patienten mit einer Fettleber ist eine Statintherapie geeignet, eine Krankheitsverschlechterung ist nicht zu erwarten.
Für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion gibt es ebenfalls Entwarnung. Statine stellen auch für sie kein Risiko dar, ganz im Gegenteil wird in einzelnen Studien sogar von einem verzögerten Krankheitsprogress unter Statinen berichtet.
Den in Beobachtungsstudien vermuteten Zusammenhang zwischen Statinen und der Entwicklung der Augenerkrankung Grauer Star (Katarakt) stuften die EAS-Experten nach Prüfung der Datenlage als haltlos ein.
Aufgrund der beschriebenen Ergebnisse kamen die Experten zu dem Fazit, dass Statine erstaunlich sicher und ihre Nebenwirkungen insgesamt als harmlos und selten einzustufen sind. Vor allem ihre schützenden Effekte überwiegen langfristig. Dieses klare Statement sollte bestärken die eigene Statintherapie gewissenhaft fortzuführen nicht wegen gesundheitlicher Bedenken vorschnell zu verändern.
*verblindet: Für Studienteilnehmer wurde die Behandlung , hier also die Einnahme des Statins, nicht offengelegt
(PM; CAS) (Mach et al. Euorpean Heart Journal (2018) 0, 1-18) – Text: Prof. Dr.med. C.A. Schneider, Köln